WfbM Regelung1. Begriff und Aufgaben der Werkstatt
Die Werkstatt ist nach § 136 SGB IX eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am
Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben.
Nach § 136 Absatz 1 Satz 2 SGB IX hat sie denjenigen behinderten Menschen, die wegen Art oder
Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
beschäftigt werden können ,
1. eine angemessene berufliche Bildung und eine Beschäftigung zu einem ihrer Leistung
angemessenen Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsergebnis anzubieten und
2. zu ermöglichen, ihre Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen
oder wiederzugewinnen und dabei ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln.
Darüber hinaus fördert die Werkstatt den Übergang geeigneter Personen auf den allgemeinen
Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen. Sie verfügt über ein möglichst breites Angebot an
Berufsbildungs- und Arbeitsplätzen sowie über qualifiziertes Personal und einen begleitenden
Dienst.
Die Werkstatt steht nach § 136 Abs. 2 SGB IX allen behinderten Menschen unabhängig von Art oder
Schwere der Behinderung offen, sofern erwartet werden kann, dass sie spätestens nach Teilnahme
an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer
Arbeitsleistung erbringen werden.
2. Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Werkstatt bzw. Ausschlusskriterien
Die Werkstatt steht allen behinderten Menschen, die nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können offen.
Dies erfolgt nach § 137 Absatz 1 SGB IX unabhängig von der Ursache der Behinderung, von der Art
der Behinderung, wenn in dem Einzugsgebiet keine besondere Werkstatt für diese Behinderungsart
vorhanden ist und der Schwere der Behinderung, sofern erwartet werden kann, dass sie spätestens
nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich
verwertbarer Arbeitsleistung erbringen werden.
Demnach ist nach § 136 Abs. 2 Satz 2 SGB IX eine Werkstattbeschäftigung ausgeschlossen, wenn
2. Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Werkstatt bzw. Ausschlusskriterien
Die Werkstatt steht allen behinderten Menschen, die nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können offen.
Dies erfolgt nach § 137 Absatz 1 SGB IX unabhängig von der Ursache der Behinderung, von der Art
der Behinderung, wenn in dem Einzugsgebiet keine besondere Werkstatt für diese Behinderungsart
vorhanden ist und der Schwere der Behinderung, sofern erwartet werden kann, dass sie spätestens
nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich
verwertbarer Arbeitsleistung erbringen werden.
Demnach ist nach § 136 Abs. 2 Satz 2 SGB IX eine Werkstattbeschäftigung ausgeschlossen, wenn
- 4 -
• trotz einer der Behinderung angemessenen Betreuung eine erhebliche Selbst- oder
Fremdgefährdung zu erwarten ist (siehe Ziffer 2.1 ) oder
• das Ausmaß der erforderlichen Betreuung und Pflege die Teilnahme an Maßnahmen im
Berufsbildungsbereich nicht zulässt (siehe Ziffer 2.2) oder
• sonstige Umstände ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung dauerhaft
nicht (mehr) ermöglichen (siehe Ziffer 2.3).
2.1 Erhebliche Selbst - oder Fremdgefährdung
Der Tatbestand ist dann gegeben, wenn der behinderte Mensch trotz intensiver Förderung sowohl in
personeller als auch organisatorischer Hinsicht und auch nach einer längeren Eingewöhnungszeit
nicht in die Gemeinschaft der Werkstatt eingegliedert werden kann, aufgrund seines Verhaltens sich
selbst oder andere gefährdet und aus diesem Grund der geordnete Betrieb der Werkstatt ernsthaft
gestört ist.
2.2 Außergewöhnlicher Pflege- und Betreuungsaufwand
Der Aufnahme in eine Werkstatt steht dann nichts entgegen, wenn nur eine begleitende Pflege und
Betreuung notwendig ist und mit dieser angemessenen Betreuung zu erwarten ist, dass nach Durchlaufen
des Berufsbildungsbereiches ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeits-leistung im
Arbeitsbereich erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang ist auf § 137 Absatz 1 Nr. 3 SGB IX
i. V. m. § 10 Absatz 2 Werkstättenverordnung (WVo) hinzuweisen. Dies bedeutet, dass der Pflegeund
Betreuungsaufwand dann außergewöhnlich ist, wenn er trotz entsprechendem
Personaleinsatz nicht im vertretbaren Rahmen aufgefangen werden kann und so zeitaufwändig ist,
dass er überhaupt keine wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung zulässt.
2.3 Erbringung eines Mindestmaßes wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung
Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn zu erwarten ist, dass der behinderte Mensch nach Durchlaufen
des Berufsbildungsbereiches in der Lage sein wird, wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich
verwertbarer Arbeit zu erbringen.
Für die Beurteilung, ob dieses Kriterium erfüllt ist, reicht die Prognose aus, dass dies nach Durchlaufen
des Berufsbildungsbereiches erfüllt ist.
Diese verrichtete Arbeit bzw. deren Ergebnis muss - wenn auch nur im geringen Maße - für die
Werkstatt wirtschaftlich verwertbar sein bzw. zu deren Gesamtergebnis beitragen (siehe auch Urtei
le des Bundessozialgerichtes vom 07.12.1983 - 7 RAr 73/82, vom 22.02.1984 - 7 RAr 72/82, vom
09.09.1993 - 7/9 b RAr 28/92, vom 09.03.1994 - 3/1 RK 12/93 und vom 10.03.1994 - 7 RAr 22/93)
Nach § 3 WVo führt die Werkstatt im Benehmen mit dem zuständigen Rehabilitationsträger ein Eingangsverfahren
durch. Es dient dazu festzustellen, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung zur
Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben ist. Darüber hinaus soll in Erfahrung gebracht werden,
welche Bereiche der Werkstatt und welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzenden
Leistungen oder Leistungen zur Eingliederung in das Arbeitsleben in Betracht kommen.
Hierzu soll ein Eingliederungsplan erstellt werden.
Dieser ist den Mitgliedern des Fachausschusses rechtzeitig vor der Fachausschusssitzung am Ende
des Eingangsverfahrens vorzulegen.
Der Eingliederungsplan sollte neben Aussagen über die im Eingangsverfahren erworbenen
Erkenntnisse der Werkstatt über den behinderten Menschen auch Hinweise über notwendige
Fördermaßnahmen und erforderliche Maßnahmen im Berufsbildungsbereich enthalten.
Nach § 3 Absatz 2 WVo dauert das Eingangsverfahren drei Monate. Es kann auf bis zu vier
Wochen verkürzt werden, wenn durch den Fachausschuss während des Eingangsverfahrens festgestellt
wird, dass ein kürzerer Zeitraum ausreicht.
3.1.2 Leistungen
Nach § 40 Abs. 2 SGB IX werden die Leistungen im Eingangsverfahren für drei Monate erbracht.
Sie werden bis zu vier Wochen erbracht, sofern es möglich ist, die Feststellungen während dieses
Zeitraumes zu treffen.
Somit ist immer von einer Bewilligung von 3 Monaten auszugehen, wobei es zu einer kürzeren Förderdauer
kommen kann, wenn durch den Fachausschuss während der bewilligten Maßnahme festgestellt
wird, dass eine kürzere Dauer ausreichend ist.
Sollte nach einer längeren Unterbrechung der behinderte Mensch erneut in der Werkstatt Aufnahme
finden, ist zu prüfen, ob zunächst ein Eingangsverfahren durchzuführen ist und danach eine weitere
Beschäftigung im Berufsbildungsbereich zu erfolgen hat.
3.1.3 Zuständigkeiten
Für Leistungen im Eingangsverfahren können zuständig sein:
• die Bundesagentur für Arbeit,
• die Träger der Unfallversicherung,
• die Träger der Rentenversicherung und
Der LWV Hessen übernimmt
• die nach den §§ 75 ff. SGB XII vereinbarte Vergütung,
• das Arbeitsförderungsgeld unter den Vorraussetzungen des § 43 SGB IX,
• notwendige Fahrtkosten sowie
• die Kosten der Sozialversicherung nach den gesetzlichen Vorschriften ( § 5 Absatz 1
Satz 1 Ziffer 7 SGB V - Krankenversicherung-, § 1 Satz 1 Ziffer 2a SGB VI - Rentenversicherung
-, § 20 Absatz 1 Satz 1 Ziffer 7 SGB XI - Pflegeversicherung -, soweit der
LWV Hessen nach § 251 Absatz 2 Satz 2 SGB V, § 179 Absatz 1 Satz 2 SGB VI und
§ 59 Absatz 1 Satz 1 SGB XI zur Zahlung verpflichtet ist ). Die Zahlungen erfolgen
gegenüber der Einrichtung.
Sofern sonstige zweckbestimmte Leistungen zur Abdeckung der in der Werkstatt entstehenden Kosten
zur Verfügung stehen (z. B. Schadensersatzansprüche, Versicherungsansprüche ), sind diese
vorrangig in Anspruch zu nehmen.
Die Leistungen des LWV Hessen als Rehabilitationsträger sind grundsätzlich auf Dauer ausgerichtet,
jedoch dann zu beenden, wenn die persönlichen Vorraussetzungen (siehe § 136 Absatz 2 SGB
IX ) bei den behinderten Menschen nicht mehr vorliegen bzw. durch Integration auf den allgemeinen
Arbeitsmarkt oder durch Erreichen der Altersgrenze eine Weiterbeschäftigung ausscheidet.
- 10 -
Für die Aufnahme in der Werkstatt bzw. die Übernahme der dort entstehenden Kosten, ist beim
LWV Hessen Regionalverwaltung Kassel, Darmstadt oder Wiesbaden ein Antrag auf Leistungen
nach dem Sozialgesetzbuch ( SGB ) Zwölftes Buch ( XII ) - Sozialhilfe - einschließlich der Anlagen T
und E zu stellen.
Um über die beantragte Leistung entscheiden zu können, ist die Vorlage einer amts- oder fachärztliche
Stellungnahme notwendig. Sollte diese bei Antragsstellung noch nicht vorliegen, wird der LWV
Hessen diese veranlassen. Ggf. können Berichte der Werkstatt über den Verlauf des Berufsbildungsbereiches
hinzugezogen werden.
Diese Stellungnahme wird vom LWV Hessen benötigt, um zu prüfen, ob seine Zuständigkeit im
Rahmen des § 100 Absatz 1 Ziffer 1 BSHG ( in der bis zum 31.12.2006 gültigen Fassung1 ) gegeben
sowie die Leistung erforderlich ist und er somit eine Kostenübernahme auf der Grundlage des § 54
Absatz 1 SGB XII i.V.m. § 41 SGB IX gegenüber der nachfragenden Person und in Durchschrift gegenüber
der Einrichtung erteilen kann.
Die Kostenübernahme nach erfolgter Begutachtung durch den Fachdienst zur Feststellung des Bedarfs
wird - abgestellt auf den jeweiligen Einzelfall - mit einer Befristung ausgesprochen, um der
gesetzlichen Verpflichtung zur Erstellung eines Gesamtplanes im Rahmen des § 58 SGB XII nachzukommen
und in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob aufgrund eingetretener Änderungen im
Hilfebedarf andere Leistungen angezeigt sind.
4. Fachausschuss
4.1 Zusammensetzung
Nach § 2 WVo gehören dem bei jeder Werkstatt zu bildenden Fachausschuss in gleicher Zahl
- Vertreter der Werkstatt
- Vertreter der Bundesagentur für Arbeit
- Vertreter des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe oder des nach Landesrecht bestimmten
örtlichen Trägers der Sozialhilfe an.
Bei Bedarf können im Einzelfall auch andere zuständige Rehabilitationsträger oder andere Personen
und Sachverständige zur Beratung hinzugezogen werden.
1 Ab dem 01.01.2007 ergibt sich die Zuständigkeit des LWV Hessen aus § 97 Abs. 3 SGB XII und den Vorgaben
der §§ 2,3 des Hessischen Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (HAG/SGB
XII)
- 11 -
4.2 Aufgaben und Funktion
Der Fachausschuss ist ein beratendes Gremium, das Stellungnahmen gegenüber dem zuständigen
Rehabilitationsträger aufgrund des Vorschlages des Werkstattträgers abgibt oder Empfehlungen
ausspricht (siehe dazu § 3 Absatz 3 und 4,§ 4 Absatz 6 und § 5 Absatz 5 WVo).
Diese werden in einem Fachausschussprotokoll festgehalten.
Der im Einzelfall zuständige Rehabilitationsträger ist jedoch nicht an die Empfehlungen des Fachausschusses
gebunden.
Nachfolgend sind die Fallgestaltungen aufgeführt, bei denen der Fachausschuss beratend tätig
wird:
• vor der Aufnahme des behinderten Menschen in die Werkstatt,
• zum Abschluss des Eingangsverfahrens (§ 3 Absatz 3 WVo), wenn u.a. darüber
entschieden werden soll, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung i. S. d. § 136 SGB IX
ist (und wenn ja, in welchem Bereich der Werkstatt der behinderte Mensch angesetzt
werden soll),
• rechtzeitig vor Beendigung einer Maßnahme im Berufsbildungsbereich (§ 4 Absatz 6
WVo) auch zu der Frage, ob im Anschluss an den Grundkurs die Weiterbewilligung der
Leistungen für den Aufbaukurs angezeigt ist,
• vor dem Abbruch oder vorzeitigen Wechsel der Maßnahme im Berufsbildungsbereich
(§ 4 Absatz 6 Satz 2 WVo),
• in allen Fragen, die im Zusammenhang mit der Förderung des Übergangs geeigneter Beschäftigter
vom Arbeitsbereich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt auftreten (§ 5 Absatz 4
und 5 WVo).
Daneben sollten u.a. auch folgende Themen im Fachausschuss beraten werden:
• Die Beendigung des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses, soweit das Ausscheiden
nicht wegen Alters oder auf Wunsch des Werkstattbeschäftigten erfolgen soll,
• Ein notwendiger Übergang in eine andere tagesstrukturierende Betreuungsform
(Tagesförderstätte, interne Tagesstruktur im Wohnheim), wenn Altersgründe oder gesundheitliche
Gründe dies auslösen .
• Die Kürzung der Beschäftigungszeit im Einzelfall
5. Förderung des Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
Neben der Beschäftigung behinderter Menschen hat die Werkstatt als weitere Aufgabe nach § 136
Absatz 1 Satz 3 SGB IX den Übergang geeigneter Personen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
durch geeignete Maßnahmen zu fördern.
Konkretisiert wird diese gesetzliche Aufgabe in § 5 Absatz 4 WVo.
Danach ist diesem Auftrag insbesondere durch die Einrichtung einer Übergangsgruppe mit besonderen
Förderangeboten, Entwicklung individueller Förderpläne sowie die Ermöglichung von Trainingsmaßnahmen,
Betriebspraktika und durch eine zeitweise Beschäftigung auf ausgelagerten Arbeitsplätzen
nachzukommen.
Diese in der WVO angesprochenen Instrumentarien finden sich bereits in dem seit Ende der 80er-
Jahre bestehenden "Hessischen Konzeptionspapier zur Schaffung von Arbeits-, Ausbildungs- und
Beschäftigungsplätzen außerhalb von Werkstätten für Behinderte " wieder.
Ergänzend wird auf das Gemeinsame Rundschreiben 20/21 Nr. 2/2005 vom 17.05.2005 zum Thema
Übergangsfördernde Maßnahmen nach § 5 (4) WVo i.V.m. Leistungen aus Mitteln der Ausgleichsabgabe
nach § 27 (1) Satz 2 SchwbAV hingewiesen.
Um die Rechtsstellung dieser betroffenen Menschen zu verbessern, sofern eine Beschäftigung auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt scheitert, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, auch für
die Zeit eines nicht erfolgreichen Eingliederungsversuches auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für
diese Personen die volle Erwerbsminderung nach § 43 Absatz 2 Satz 3 Nr. 2 SGB VI zu unterstellen.
Darüber hinaus ist der LWV Hessen der Ansicht, dass diesem Personenkreis im Falle eines Scheiterns
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unbürokratisch die Rückkehr in die Werkstatt ermöglicht
werden muss, sofern die Aufnahmevoraussetzungen des § 136 Absatz 2 SGB IX erfüllt sind und die
Kündigung z. B. nicht aus betrieblichen Gründen erfolgte (z. B. Schließung des Betriebes/
Betriebszweiges, Insolvenz o. ä.) und auch keine anderweitige Beschäftigung auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt möglich ist.
Sofern der Betreffende Ansprüche nach dem SGB II bzw. III erworben hat, scheidet eine Rückkehr
in die Werkstatt aus, da diese Person dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.
6. Rechtsstellung im Arbeitsbereich
6.1 Arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis
Nach § 138 SGB IX stehen die behinderten Menschen, sofern sie keine Arbeitnehmer sind, in einem
arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis.
- 13 -
Alle Arbeitnehmer betreffenden arbeitsrechtlichen Vorschriften finden Anwendung, insbesondere
solche über
• Arbeitszeit,
• Teilzeitbeschäftigung,
• Urlaub und Zusatzurlaub nach § 125 SGB IX,
• Bildungsurlaub,
• Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen,
• Mutterschutz und Elternzeit usw.
Aufgrund dieser Rechtsstellung hat die Werkstatt nach § 138 Absatz 3 SGB IX i. V. m. § 13 Absatz 1
WVo mit den behinderten Menschen einen Werkstattvertrag abzuschließen.
Dieser Vertrag sollte neben Aussagen zu den o.a. Vorschriften noch detaillierte Aussagen zur
Aufnahme, Beendigung bzw. Kündigung des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses, Pflichten
der Werkstatt bzw. des Mitarbeiters sowie Entlohnung im Einzelfall und Zahlungen der Sozialversicherungsbeiträge
enthalten.
6.2 Beschäftigungszeit / Teilzeitbeschäftigung
Die Werkstatt hat nach § 6 Absatz 1 WVo sicherzustellen, dass die behinderten Menschen wenigstens
35 und höchstens 40 Stunden pro Woche beschäftigt werden können.
Diese Stundenzahl umfasst Erholungspausen und arbeitsbegleitende Maßnahmen nach § 5 WVo.
Eine Verkürzung dieser Stundenzahl ist nach § 6 Absatz 2 WVo im Einzelfall möglich, wenn es wegen
Art oder Schwere der Behinderung oder zur Erfüllung des Erziehungsauftrages notwendig ist.
Sobald absehbar ist, dass die Verringerung der Beschäftigungszeit nicht nur vorübergehend ist
(z. B. in der Eingewöhnungsphase oder wegen akuter Verschlechterung des Gesundheitszustandes)
und einen Zeitraum von 3 Monaten überschreitet, ist der LWV Hessen zu informieren,
damit über eine Reduzierung der Vergütung oder das Abmelden aus der Werkstatt entschieden werden
kann.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, kürzere Beschäftigungszeiten nach dem Teilzeit- und
Befristungsgesetz zu vereinbaren.
Bei diesen Verfahrensweisen ist jedoch auch eine Abstimmung mit dem LWV Hessen unabdingbar,
da zu prüfen ist, inwieweit die Beschäftigungszeit den Eingliederungsauftrag noch erfüllt und die
zwischen dem LWV Hessen und dem Träger der Werkstatt vereinbarte Vergütung in diesen Einzelfällen
zu kürzen und auf die tatsächliche Betreuungszeit anzupassen ist.
- 14 -
Es ist davon auszugehen, dass bei einer Beschäftigungszeit, die unterhalb der Hälfte des oben angegebenen
Zeitraumes liegt, eine weitere Beschäftigung in der Werkstatt nicht mehr sinnvoll ist und
im Einzelfall andere tagesstrukturierende Maßnahmen in Betracht kommen.
7. Einsatz von Einkommen und Vermögen
7.1 Aus Sicht des/r Leistungsberechtigten
Mit In-Kraft-Treten des SGB XII ändert sich auch die Heranziehung aus Einkommen und Vermögen.
Nach § 92 Absatz 2 Satz 1 Ziffer 7 SGB XII ist nur noch die Aufbringung der Mittel in Höhe der Kosten
des Lebensunterhaltes zuzumuten ( siehe dazu Rundschreiben 20 Nr. 6/2004 vom 03.12.2004 ).
Dies aber auch nur dann, wenn nach § 92 Absatz 2 Satz 4 SGB XII das Einkommen des behinderten
Menschen einen Betrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes übersteigt.
Nach § 92 Absatz 1 Satz 2 SGB XII ist der Rückgriff auf vorhandenes Vermögen nicht mehr
möglich.
Sofern neben der Beschäftigung in einer Werkstatt noch eine stationäre Betreuung, z.B. in einem
Wohnheim für behinderte Menschen zu Lasten des LWV Hessen erfolgt, gelten die vorgenannten
Regelungen nicht, sondern die Verfahrensweisen des Rundschreibens 20 Nr. 9/2004 vom
07.12.2004 sind heranzuziehen. Für den Einsatz des Vermögens gelten dann § 90 Absatz 2 Ziffer 9
SGB XII i. V. m. § 1 der VO zur Durchführung des § 90 Absatz 2 Ziffer 9 SGB XII.
7.2 Aus Sicht der Unterhaltspflichtigen
Da die in einer Werkstatt geleistete Eingliederungshilfe eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben
darstellt und diese Form der Teilhabeleistung nicht vom Unterhaltsrecht erfasst ist, entfällt eine
Heranziehung Unterhaltspflichtiger im Rahmen des § 94 SGB XII.
IV. Tagesförderstätten
1. Begriff und Aufgabe der Tagesförderstätte
Für Personen, die die Aufnahmevoraussetzungen nach § 136 Absatz 2 SGB IX nicht erfüllen, hat
der Gesetzgeber in § 136 Absatz 3 SGB IX ausgeführt, diese Menschen in Einrichtungen oder
Gruppen zu betreuen und fördern, die der Werkstatt angegliedert sind (sogenanntes "verlängertes
Dach").
Im Vorfeld sollte jedoch die Werkstattfähigkeit im Eingangsverfahren einer Werkstatt überprüft werden,
sodass nach Abschluss des Eingangsverfahrens darüber entschieden wird, wie die weitere
Zukunft des behinderten Menschen zu gestalten ist.
- 15 -
Eine Tagesförderstätte als Teil einer Werkstatt oder aber - im Ausnahmefall - als alleinige Einrichtung
stellt eine teilstationäre Einrichtung dar.
Sie hat die Aufgabe mit ihren Maßnahmen,
• die Förderung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind,
behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu
ermöglichen (§ 55 SGB IX),
• eine Vorbereitung auf Maßnahmen der Teilhabe am Arbeitsleben insbesondere in Werkstätten
zu gewährleisten,
• die notwendige Pflege sicherzustellen und darüber hinaus
• angemessene tagesstrukturierende Leistungen für die aus einer Werkstatt ausgeschiedenen
Personen anzubieten.
Die Tagesförderstätte stellt somit keine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am
Arbeitsleben dar.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass für den Personenkreis, der nicht in einer stationären Einrichtung
lebt, ebenfalls die Möglichkeit besteht, die interne Tagesstruktur in Anspruch zu nehmen,
sofern eine Betreuung in einer Tagesförderstätte nicht angezeigt ist.
2. Rechtsstellung der Leistungsberechtigten
Da die Tagesförderstätten anders als die Werkstätten keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
erbringen, haben die dort zu betreuenden Menschen auch einen anderen Rechtsstatus.
Sie stehen in keinem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis, so dass sie keine Entlohnung erhalten
und nicht sozialversicherungspflichtig sind.
Es wird aus Gründen der Gleichstellung mit den im Arbeitsbereich einer Werkstatt beschäftigten
Menschen ein Urlaub von 25 Arbeitstagen jährlich zu Grunde gelegt, wobei die Regelung des
Zusatzurlaubes nach § 125 SGB IX für diese Personen keine Anwendung findet.
3. Betreuungszeit
Es ist sicherzustellen, dass die behinderten Menschen mindestens sechs Stunden täglich betreut
werden können. Im Einzelfall ist jedoch eine kürzere Betreuungszeit zu ermöglichen, wenn dies wegen
Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist.
4. Zuständigkeiten
Da es sich bei einer Tagesförderstätte um eine teilstationäre Einrichtung i. S. d. § 100 Absatz 1 Ziffer
1 BSHG ( in der bis zum 31.12.2006 gültigen Fassung 1) handelt, liegt regelhaft - sofern die
Leistungen erforderlich sind - die sachliche Zuständigkeit des LWV Hessen vor. Kostenübernahmen
werden auf der Grundlage des § 54 Absatz 1 i. V. m. § 55 SGB IX ausgesprochen. Bezüglich der im
Einzelfall vorzulegenden Unterlagen sei auf III Ziffer 3.3.3 verwiesen.
Wie bei der Leistungsbewilligung in Werkstätten, ist auch hier zu prüfen, inwieweit die Zuständigkeit
von vorrangigen Trägern gegeben ist. Es kann sich dabei um Träger der Kriegsopferfürsorge oder
öffentlichen Jugendhilfe nach §§ 5 und 6 i.V.m. § 55 SGB IX handeln.
Darüber hinaus ist zu prüfen, ob sonstige zweckbestimmte Leistungen zur Abdeckung der in der
Tagesförderstätte entstehenden Kosten vorhanden sind (z. B. Schadensersatzansprüche, Versicherungsansprüche),
die vorrangig in Anspruch zu nehmen sind.
5. Einsatz von Einkommen und Vermögen
5.1 Aus Sicht des/r Leistungsberechtigten
Hier wird auf die Ausführungen in III. Ziffer 7.1 hingewiesen.
5.2 Aus Sicht der Unterhaltspflichtigen
Sofern der behinderte Mensch im Haushalt des/der Unterhaltspflichtigen lebt, wird auf eine Heranziehung
im Rahmen des § 94 SGB XII verzichtet.
Die Heranziehung anderer Unterhaltspflichtiger wird überprüft.
V. In-Kraft-Treten
Dieses Rundschreiben tritt zum 01.03.2006 in Kraft, die Rundschreiben 20 Nr. 9 und 10/1995 vom
05.07 bzw. 04.07.1995 verlieren zu diesem Zeitpunkt ihre Gültigkeit.
Im Auftrage:
( Daume )
1 Ab dem 01.01.2007 ergibt sich die Zuständigkeit des LWV Hessen aus § 97 Abs. 3 SGB XII und den Vorgaben
der §§ 2,3 des Hessischen Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (HAG/SGB
XII)
Nachrichtlich an:
- Magistrat der
kreisfreien Stadt
Kreisausschuß des Landkreises
örtliche Träger der Sozialhilfe
im Lande Hessen
- überörtliche Träger
der Sozialhilfe
im Bundesgebiet
- Liga der Freien Wohlfahrtspflege
- Geschäftsstelle -
sowie alle Mitgliedsverbände
- Hessischer Städtetag
- Geschäftsstelle -
z. H. Frau Dr. Strobel
Frankfurter Str. 10
65189 Wiesbaden
- Hessischer Landkreistag
- Geschäftsstelle -
z. H. Herrn Rost
Gertrud-Bäumer-Str. 28
65189 Wiesbaden
- Hessisches Sozialministerium
z. H. Herrn Hörauf
Dostojewskistr. 4
65187 Wiesbaden